Geboren wurde Hildebrand in Marburg als fünftes
von acht Kindern des Nationalökonomen Bruno Hildebrand. Dieser
hatte mit 14 Jahren seine Ausbildung selbst in die Hand genommen,
war nach dem Studium von Philosophie, Geschichte und Philologie
mit 27 Jahren Professor für alte Geschichte an der Universität
Breslau geworden, wurde zwei Jahre später als Ordinarius für
Staatswissenschaften an die Universität Marburg berufen, war
als Führer der Liberalen Partei, dort von einem Hochverratsprozess
bedroht, in die Schweiz geflohen, wurde Professor an der T.U. Zürich,
wo er ausser einer Leih- und Sparkasse auch das erste schweizerische
Eisenbahnunternehmen gründete und leitete, ebenso wie er es
später von der Universität Jena aus in Thüringen
ins Werk setzte. In diesem Elternhaus wurde dem Sohn das Nachdenken
und das Diskutieren über Philosophie und die Grundprobleme
jeder Tätigkeit zur Selbstverständlichkeit.
In Italien |
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Fiedler, der Hildebrand anfangs unterstützte, und durch ihn
zum lebenslangen Mäzen von Marées wurde, gab ihm 1870
den ersten Auftrag: ein Porträt und eine Figur nach eigener
Wahl, die heute als "Der trinkende Knabe"
in der Nationalgalerie in Berlin steht. Der Bronzeguss dieser Figur
führte Hildebrand wieder nach Italien: Venedig, Florenz und
schliesslich Neapel zurück. Dort fertigte er im Auftrag des
ihm befreundeten Zoologen Anton Dohrn, der soeben - 1873 - die Zoologische
Station in Neapel ins Leben gerufen hatte, den zeichnerischen
Entwurf für die Fassaden des neuen Instituts, später auch
für den Erweiterungsbau. |
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Die aus der Praxis gewonnenen Erfahrungen, die nach einer Wiederbegegnung mit Marées (1885) bewusst einsetzende Auseinandersetzung mit dessen Gestaltungsregeln und die Diskussion mit Fiedler führten zur Entstehung von Hildebrands heute wieder beachteter Schrift "Das Problem der Form in der bildenden Kunst". Fiedler, einer der bedeutendsten Analytiker von Kunstwerken und Künstlertätigkeit, hat die wechselnden Bewusstseinsbildungen und -formen und die recht verschiedenen Weltaneignungen durchdacht, zu der unterschiedliche Tätigkeiten die Menschen führen können. Er hat so als gleichberechtigt neben der wissenschaftlichen Welterkenntnis die Leistung des bildenden Künstlers Schritt für Schritt dargelegt, wie sie - auf Grund der besonderen, visuell erkennen wollenden Begabung aus unbestimmten Wahrnehmungen der uns umdrängenden Wirklichkeit nach Klärung verlangend - zu "Gesichtsvorstellungen" und schliesslich zu der körperlichen Aktion der Hand führt, welche diese noch immer ungenauen Vorstellungsbilder zu sichtbarer Klarheit und - in immer entwickelteren Ausdrucksmitteln - zum Reichtum der vielen Möglichkeiten künstlerischer Formung führt. Fiedler veranlasste Hildebrand, die für das plastische Gestalten maßgeblichen speziellen Stufen der Bewusstseinsbildung des Bildhauers darzulegen. Und Hildebrand zeigte in seiner Schrift - aus Selbstbeobachtung - wie es von der Stufe der Gesichts- und Formvorstellungen zur künstlerischen Form der Realisierung kommt und welche praktisch-künstlerischen Folgerungen aus den wahrnehmungsphysiologischen und wahrnehmungspsychologischen Vorgängen für sein Kunstmetier zu ziehen sind. Die Entstehung der Schrift wurde ständig begleitet von der Erprobung der Erkenntnisse in der Praxis. Sie hat die Formung der von da an entstehenden Skulpturen nochmals einigen Veränderungen unterworfen (Einzelfiguren und Reliefs).
In Deutschland |
Anlass dazu war der Abschluss der Arbeiten an der Erneuerung der
städtischen Wasserleitung. Seine Skizze wurde zur Ausführung
bestimmt. Als Bedingung war an den Auftrag geknüpft, dass Hildebrand
mit zweitem Wohnsitz nach München übersiedelte.
Nun begann für den Vierzigjährigen der zweite grosse
Lebensabschnitt
mit zahlreichen, jedoch nicht internationalen, Aufträgen
und
Ehrungen, darunter die Verleihung des erblichen Adels. Das
Werk
des unermüdlich Tätigen war umfangreich. Neben vielen
nicht zur Ausführung gekommenen Projekten entstanden nach
dem
Wittelsbacher Brunnen noch 4 monumentale Stadtbrunnen, 2
einfache Marktbrunnen, 6 Parkbrunnen für private Auftraggeber, auch
einige kleine Denkmalbrunnen; ferner 15 Denkmale sehr unterschiedlicher
Ausmaße, davon 2 Reiterdenkmale; 38 Grabmale und zu den schon in der
Florentiner Zeit gefertigten
84 plastischen Porträts noch 166 (bisher bekannte)
weitere.
1901 wurde Hildebrand zum Mitglied der von Prinzregent
Luitpold
ins Leben gerufenen Monumentalbaukommission in München
gewählt
und als oft maßgeblicher Ratgeber bei zahlreichen
Bauvorhaben
des Staates und der Stadt herangezogen. Vor allem der
kunstsinnige
Kronprinz Rupprecht konsultierte ihn stets. Er wurde nach
Fiedlers
frühem Tod der bevorzugte Freund und Briefpartner
Hildebrands.
1906 wurde Hildebrand gebeten, die Leitung
der Bildhauerklasse der Münchner Kunstakademie zu übernehmen.
Er nahm die Aufgabe an, um Schüler in der in Kapitel V seiner
Schrift dargelegten "meisterlichsten und wahrhaft künstlerischen
Form" der Steinarbeit auszubilden. Hildebrand erbat und erhielt
eine Sonderregelung: er verzichtete auf das Gehalt, bekam
jedoch eine Summe für Steinmaterial, und die Akademie stellte
ihm ein Steinatelier im Akademiegebäude zur Verfügung.
Er durfte sich seine Schüler aussuchen und hatte keine festgelegte
Anwesenheitspflicht. Nach einem leichten Schlaganfall, den er 1910
erlitt und in dessen Folge er nicht mehr in Stein arbeiten konnte,
gab er diesen Posten auf.
Die letzten Jahre seines Schaffens waren durch den ersten Weltkrieg vielfach beeinträchtigt. Zwar musste der 67-jährige nicht mehr aktiv daran teilnehmen, doch verhinderte der Krieg die Ausführung zahlreicher Entwürfe und steigerte die Arbeitskosten. Den grossen Umbrüchen der Nachkriegszeit, den Kunstanschauungen der neuen Avantgarden, die die Kunst des ganzen 20. Jahrhunderts auf neue Wege führten, konnte er sich nicht mehr stellen. So verlor sein Werk das Interesse der nächsten Generationen. Am Ende sagte der 70-jährige, bescheiden, als er eine der frühesten der berühmten mittelalterlichen Christus-Johannesgruppen aus der Zeit um 1290 sah: wenn er diese Art von Kunst gekannt und etwas in dieser Art gemacht hätte, wäre er ein grosser Bildhauer geworden.
Geboren wurde Hildebrand in Marburg als fünftes
von acht Kindern des Nationalökonomen Bruno Hildebrand. Dieser
hatte mit 14 Jahren seine Ausbildung selbst in die Hand genommen,
war nach dem Studium von Philosophie, Geschichte und Philologie
mit 27 Jahren Professor für alte Geschichte an der Universität
Breslau geworden, wurde zwei Jahre später als Ordinarius für
Staatswissenschaften an die Universität Marburg berufen, war
als Führer der Liberalen Partei, dort von einem Hochverratsprozess
bedroht, in die Schweiz geflohen, wurde Professor an der T.U. Zürich,
wo er ausser einer Leih- und Sparkasse auch das erste schweizerische
Eisenbahnunternehmen gründete und leitete, ebenso wie er es
später von der Universität Jena aus in Thüringen
ins Werk setzte. In diesem Elternhaus wurde dem Sohn das Nachdenken
und das Diskutieren über Philosophie und die Grundprobleme
jeder Tätigkeit zur Selbstverständlichkeit.
In Italien |
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Fiedler, der Hildebrand anfangs unterstützte, und durch ihn
zum lebenslangen Mäzen von Marées wurde, gab ihm 1870
den ersten Auftrag: ein Porträt und eine Figur nach eigener
Wahl, die heute als "Der trinkende Knabe"
in der Nationalgalerie in Berlin steht. Der Bronzeguss dieser Figur
führte Hildebrand wieder nach Italien: Venedig, Florenz und
schliesslich Neapel zurück. Dort fertigte er im Auftrag des
ihm befreundeten Zoologen Anton Dohrn, der soeben - 1873 - die Zoologische
Station in Neapel ins Leben gerufen hatte, den zeichnerischen
Entwurf für die Fassaden des neuen Instituts, später auch
für den Erweiterungsbau. |
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Die aus der Praxis gewonnenen Erfahrungen, die nach einer Wiederbegegnung mit Marées (1885) bewusst einsetzende Auseinandersetzung mit dessen Gestaltungsregeln und die Diskussion mit Fiedler führten zur Entstehung von Hildebrands heute wieder beachteter Schrift "Das Problem der Form in der bildenden Kunst". Fiedler, einer der bedeutendsten Analytiker von Kunstwerken und Künstlertätigkeit, hat die wechselnden Bewusstseinsbildungen und -formen und die recht verschiedenen Weltaneignungen durchdacht, zu der unterschiedliche Tätigkeiten die Menschen führen können. Er hat so als gleichberechtigt neben der wissenschaftlichen Welterkenntnis die Leistung des bildenden Künstlers Schritt für Schritt dargelegt, wie sie - auf Grund der besonderen, visuell erkennen wollenden Begabung aus unbestimmten Wahrnehmungen der uns umdrängenden Wirklichkeit nach Klärung verlangend - zu "Gesichtsvorstellungen" und schliesslich zu der körperlichen Aktion der Hand führt, welche diese noch immer ungenauen Vorstellungsbilder zu sichtbarer Klarheit und - in immer entwickelteren Ausdrucksmitteln - zum Reichtum der vielen Möglichkeiten künstlerischer Formung führt. Fiedler veranlasste Hildebrand, die für das plastische Gestalten maßgeblichen speziellen Stufen der Bewusstseinsbildung des Bildhauers darzulegen. Und Hildebrand zeigte in seiner Schrift - aus Selbstbeobachtung - wie es von der Stufe der Gesichts- und Formvorstellungen zur künstlerischen Form der Realisierung kommt und welche praktisch-künstlerischen Folgerungen aus den wahrnehmungsphysiologischen und wahrnehmungspsychologischen Vorgängen für sein Kunstmetier zu ziehen sind. Die Entstehung der Schrift wurde ständig begleitet von der Erprobung der Erkenntnisse in der Praxis. Sie hat die Formung der von da an entstehenden Skulpturen nochmals einigen Veränderungen unterworfen (Einzelfiguren und Reliefs).
In Deutschland |