Neben den frühen Einzelfiguren und
dem "Problem der Form" hat nichts Hildebrand solchen
Ruf eingetragen, wie seine 5 grossen Stadtbrunnen. Der Wittelsbacher
Brunnen (1890-95) "der Festeingang zur Stadt München"
(Wölfflin), "eine einzigartige Verbindung von Architektur,
Landschaft, Wasserflut und Städtebau...eine Anlage, die
nur in Rom ihresgleichen hat" (Hohoff) und der Hubertusbrunnentempel (1895-1919)
sind seine beiden Hauptwerke.
Sie befinden sich in München.
Die Straßburger Brunnenanlage (1897 - 1902) mit der
Figur des Flussgotts über den Kaskaden und den reizvollen
seitlichen Puttengruppen, ist nach ihrem Stifter Reinhard
benannt und befindet sich heute auch in München. Für
Worms entstand der Siegfriedbrunnen (1895 - 1914). Der Kölner
Rheinbrunnen (1911- 1922) ist vom Krieg zerstört.
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Hildebrands Bedeutung als Brunnenschöpfer
erwuchs aus seiner Begabung, Form und Grösse der Figuren
und das reiche Wasserspiel aus den Gegebenheiten des öfter
selbstgewählten Standorts zu entwickeln. Dieser war
ihm Ausgangspunkt oder mitwirkender Hintergrund, der einbezogen
und zu gesteigerter Wirkung gebracht werden konnte. So geschah
es beim zweigeschossigen Wittelsbacher Brunnen am Ende des
alten Stadtwalls vor einem eben erst entstehenden Platz.
So war es auch bei dem gleichfalls zweigeschossigen Straßburger
Brunnen auf dem leeren grossen Platz vor dem Theater und beim Wormser Brunnen, der mitten in der Stadt zwischen dem
romanischen Dom und einem neoromanischen Stadthaus steht. Sein Wasser fliesst aus dem vom Drachentöter gekrönten
Brunnenhäuschen (in romanisierendem Stil) in einen ersten
Ring, dann über sieben schmale Kaskadenstufen in einen
zweiten, grösseren Ring und von ihm in ein tieferliegendes
Becken, in das man über sieben mal drei Stufen hinabsteigen
konnte.
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Der Hubertusbrunnentempel war einbezogen in die grosse Platz-
und Terrassenanlage mit dem Reiterstandbild des Prinzregenten
Luitpold vor dem eben erbauten Bayerischen Nationalmuseum.
Der Kölner Brunnen schliesslich erwuchs aus dem Gedanken,
ihn vor die alte Stadtmauer zu setzen unter Einbeziehung des
Stadtgrabens. Auch hier wieder hatte Hildebrand aufmerksam
und bewusst aus all den Formen und Wasserspielen alter Brunnenanlagen
gelernt und doch jedesmal ein neuartiges Werk geschaffen.
Im Unterschied zu den üblichen Arbeitsgemeinschaften
zwischen Bildhauern und Architekten, in denen der Bildhauer
meist nur die Plastik, der Architekt Basis, Schale, Unterbau,
Figurensockel und architektonische Details schuf, hat Hildebrand
stets selbst das Ganze einschliesslich jeder Einzelform der
architektonischen Partien entworfen und in schliesslich oft
originalgrossen Modellen eigenhändig modelliert und festgelegt.
Für den Hubertusbrunnen ist dies schriftlich belegt.
Er zog zwar Architekten als beratende Mitarbeiter für
Statik oder Installation und für die technisch genauen
Eingabebezeichnungen heran, liess es sich aber nicht nehmen,
kritisch bis zuletzt in die Herstellung einzugreifen.
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Von den 5 Monumentalbrunnen stehen nur
der Wittelsbacher und der Wormser noch am alten Ort. Letzterer
ist durch ein nicht geplantes, einengendes Gitter und moderne
Nachkriegsarchitektur beeinträchtigt, ersterer durch
die teilweise Zerstörung und Ergänzung der grossen
männlichen Figur auf dem Wasserpferd. Der Straßburger
Brunnen wurde nach dem ersten Weltkrieg von der Franzosen
abgetragen, konnte aber - allerdings ohne die schöne
Balustrade des grossen Beckens und ohne den monumentalen archtektonischen
Hintergrund, der die Überlebensgrösse der Flussgottfigur
erforderte - auf einer Münchner Isarinsel wieder aufgebaut
werden. Den Hubertusbrunnen liess Hitler von seinem Platz
entfernen. Er steht heute, dem Nymphenburger Schloss gegenüber,
am Ende des Nymphenburger Kanals, weitab von seinem ursprünglichen
Standort (an der Kulturmeile Münchens). Mancherlei nicht
zur Ausführung gelangte Entwürfe für Brunnen
sind erhalten. Von den 6 teilweise sehr originellen Parkbrunnen
für private Auftraggeber, existieren nur noch Reste.
2 einfache Marktbrunnen (in Jena und Bergisch-Gladbach) zeigen,
wie Hildebrand auch für die Bedürfnisse kleiner
Städte, in denen die Bürger ihr Wasser noch am Marktbrunnen
holten, die rechte Form, die rechte Grösse und die rechte
Stelle zu finden wusste. (Alle Brunnen genau behandelt von
Tamara Hufschmidt).