Denk- und Grabmale

Hildebrand hat 15 Denkmale entworfen, darunter 2 Reiterdenkmale. Mit Ausnahme von dreien, die durch den Ausbruch des ersten Weltkriegs nicht mehr zustande kamen, wurden alle unter seiner Aufsicht ausgeführt. Von seinen 38 nachweisbaren Grabmalen sind nur 8 nicht erhalten, doch kennen wir 4 von diesen durch Abbildung , Modell oder Zeichnungen. Hildebrands Denkmale ebenso wie seine Grabmale mit ihrer verwandten Absicht, einen Ort der Erinnerung zu schaffen, sind bestimmt durch seine Vorliebe für eine mit der landschaftlichen Umgebung verbundene oder in sie eingegliederte Gestaltung.

Das Reiterstandbild des Prinzregenten Luitpold (1903-1909) mit dem Regenten im Mantel der Hubertusritter auf einem ruhig schreitenden Passgänger war ursprünglich wohlüberlegt verbunden mit der grossen Anlage des Hubertusbrunnentempels vor dem weitläufigen Bau des Münchener Nationalmuseums. Es war zwischen zwei Treppen des Terrassenaufgangs in der Achse des hinter ihm liegenden Tempels placiert. In der heutigen Aufstellung ist dieser Zusammenhang verloren. Das Reiterstandbild Bismarcks steht noch heute auf seinem hohen, an den Maßen des Bremer Doms orientierten Sockel an der von Hildebrand gewählten Stelle. Es ist am Beginn des Domhofs, neben der Domfassade, zwischen Dom und einem angrenzenden, reichgeschmückten Bau des 19. Jahrhunderts, eindrucksvoll postiert.

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Da Hildebrand monumentale Denkmalstatuen inmitten von verkehrsumbrausten Plätzen widersinnig erschienen, trat er oftmals für sinnvollere Stellen an Platzrändern und ruhigen Orten ein. Er fertigte dafür und auch für Wanddenkmale Entwürfe. Während des 1. Weltkriegs dazu aufgefordert, machte er bemerkenswerte Vorschläge für Gefallenenmale an Orten der mörderischen Schlachten des ersten Weltkriegs.

 

Vor allem die Grabaufträge zwangen ihn zur Auseinandersetzung mit den vielen verschiedenen Grab- und Denkmalformen, die er in Städten und auf Friedhöfen vorfand. Schliesslich gestaltete und variierte er die von ihm bevorzugten Formen immer einfacher und freier: die lebens- und überlebensgrosse Porträtherme, die Stele, das Wandgrab, dann die an die Wand gelehnte kleine Säulenhalle, das gewölbte, auch mit Kuppel versehene Mausoleum. Er verband endlich alle diese Formen mit der platzgestaltenden Exedraanlage mit Bänken, ja sogar mit kleinen Brunnenbecken, die auch inmitten andersartiger Umgebung einen eigenen kleinen Bezirk zu sinnendem Gedenken und Gesprächen ausgrenzt. Sein Oeuvre zählt 12 solcher Exedraanlagen, darunter als erste das Otto Ludwig-Denkmal, dann das Brahmsdenkmal im Park des Herzogs von Meiningen, das feine Schillerdenkmal im Nürnberger Stadtpark, das Siemensdenkmal.

tl_files/letter_stiftung/Adolf-von-Hildebrand/images/17.jpg Zu diesem Typ gehören auch die Grabmale für den Dirigenten Bülow in Hamburg und das Mausoleum für den Philosophen Martius in Kiel, das in einer Nische des Innern eine ebenfalls von Hildebrand stammende Pieta als Denkmal für zwei gefallene Söhne des Philosophen birgt und an den Exedraflügeln, die den kleinen Kuppelbau rahmen, zwei Reliefs, links die Parzen, die den Lebensfaden abschneiden, rechts Charon, der in seinem Kahn die toten Söhne in den Hades schifft.

Nicht allein die Vielfalt der sorgfältig erdachten Formen der Grabmale beeindruckt. So einfach sie sind, heben sie sich auf Friedhöfen doch aus den umgebenden Malen durch ihre maßvolle Grösse und Proportionierung ab, auch durch eine stille Noblesse. Einige, zum Beispiel das Grabmal des Forschers Abbé in Jena, zeigen, dass Hildebrand nicht nur die Kunst des Figurenreliefs beherrschte, sondern auch die des architektonischen: die ästhetisch wirksame differenzierte Schichtung einer Wandfläche. Die Grabkapelle für den berühmten Augenarzt Herzog Carl Theodor in Bayern besteht in einem Anbau an den Chor der Tegernseer Kloster-, damals Schlosskirche. Sie ist, bei allen dem Auftrag auferlegten Schwierigkeiten und trotz der kompromissreichen Lösung, mit der würdigen Grabtumba für die Liegefigur des Herzogs ein Beispiel für die stets bereitwillige Anpassung des Bildhauers an komplizierte Situationen. Auch hier ging seine Sorgfalt bis zum zeichnerischen Entwerfen kleiner Ausstattungsstücke wie Altar und Hostienkelch. Stets entwarf er für Grabmale auch die vorgesehenen Gitter.