01.03.2014 09:00
Elena Luksch-Makowsky (1878-1967)
Selbstbildnis mit schwarzem Barett
ursprüngliche Fassung 1900-1901, vorliegende Fassung 1902
Öl auf Leinwand
53,7 x 43,4 cm
Inv.-Nr. 2013.134
Wer ist die
geheimnisvolle junge Dame, die Elena Luksch-Makowsky dem Wiener Publikum im
Rahmen der zehnten Secessionsausstellung, die vom 15. März bis 12. Mai 1901
stattfand, als beinah lebensgroßes Ganzfigurenporträt vorstellte?
Vergleicht man die Physiognomie der Dargestellten – die leicht vorgewölbte Oberlippe sowie die geradlinig geformte Nase – mit jener der Künstlerin selbst, überliefert in mehreren Selbstbildnissen sowie Photographien aus der Zeit um 1900, stellt man eine frappierende Ähnlichkeit fest. Der leicht gesenkte Kopf mit verhaltener Mimik und weit geöffneten Augen sowie das Barett als von ihr bevorzugte, zur damaligen Zeit jedoch unkonventionelle Huttracht verstärken den Eindruck, es handele sich um ein Selbstporträt der Künstlerin. Erst nach ihrer Heirat mit Richard Luksch (1872–1936) im Mai 1900 übersiedelte sie nach Wien und nutzte nun die ihr – wohl auch durch die guten Beziehungen ihres Ehemannes – eröffnete Möglichkeit, in den Kreisen der Secessionisten publik zu werden; hier im zweifachen Sinne, indem sie sich sowohl als im Porträtfach Wirkende wie auch als Porträtierte im Sinne einer Photovisitenkarte zeigte.
Elena Luksch-Makowsky Selbstporträt mit rotem Barett, um 1897 Bleistift, Kreide und Aquarell 24,0 x 16,3 cm Standort unbekannt |
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Das Hochformat,
welches für sämtliche an jener von der Ausstellungsleitung für 1901 im
zentralen Ausstellungsraum geplanten Porträtwand zu präsentierenden Gemälde
vorgegeben war, instrumentalisierte sie ebenfalls gekonnt: Sie entschied sich
für ein auffallend schlankes Format. Zur Wiedergabe ihrer Winterkleidung wählte
sie dunkle, warme Töne, wodurch sie eine unvermittelte Auseinandersetzung des
Betrachters mit dem hiergegen kontrastierenden, hellen Inkarnat des Antlitzes
sowie mit dessen durchdringendem Blick provozierte. Das Gemälde – so es denn
verkäuflich war –blieb während der Ausstellung unverkauft. Was als Maßnahme folgte,
kann mit großer Wahrscheinlichkeit der Künstlerin selbst zugeschrieben werden. Die
Leinwand wurde nämlich aus bislang nicht ermittelten Gründen an drei Seiten
beschnitten – lediglich die linke Kante blieb unversehrt – und auf einen nun annähernd
quadratischen, von den handelsüblichen Fertigrahmenmaßen jedoch abweichenden
Keilrahmen gespannt. Bereits vor dem Zuschnitt der Leinwand überarbeitete Elena
Luksch-Makowsky die linke Partie des Hintergrundes zum Kopf lasierend, um dessen
ursprünglich zwischen links und rechts starken Farbkontrast nunmehr zu Gunsten
einer Homogenität der Gesamttonigkeit ihres Gemäldes zu brechen. Ob außerdem
weitere, gar gravierende Überarbeitungen der Malschicht vorgenommen wurden, die
dann allerdings eine Umdatierung nahegelegt hätten, bleibt einstweilen
ungeklärt. Nachdem ihr ganzfiguriges Bildnis im unteren Bereich die
Künstlerbezeichnung getragen haben dürfte, signierte es die Künstlerin nach der
Formatreduktion erneut – diesmal oben rechts – und datierte es in jenes
Folgejahr 1902 um, in welchem vermutlich der Eingriff erfolgte. Wenige zumeist
kleinere, über die gesamte Bildfläche verteilte und unter UV-Licht sichtbare
Retuschen späteren Datums zeugen außerdem von nachträglich vorgenommenen
Korrekturen der offenkundig merklich beanspruchten Leinwand.
Die Absicht der Künstlerin, aus dem ganzfigurigen und annähernd lebensgroßen
Bildnis das „Exzerpt“ allein des Kopfes zu ziehen, ist nur zu vermuten: In der
Konzentration auf das Antlitz wird jedenfalls die psychologische Eindringlichkeit
ihres nunmehr zum Brustbildnis mutierten Selbstporträts nochmals intensiviert.
Ana Milošević