23.08.2021 09:00
John Philip Davis (1784-1862)
Bertel Thorvaldsen
wohl 1825
Öl auf Leinwand / Holzrahmen
98,8 x 74,0 cm (Gemälde)
127,0 x 102,0 x ca. 13,0 cm (Gemälde inkl. Rahmen)
Inv.-Nr. 2021.62
Soeben übernahm das Thorvaldsens Museum in Kopenhagen ein Porträt seines Namenspatrons als Dauerleihgabe von LETTER Stiftung.
Wohl 1825 durch John Philip Davis (Ashburton (Devon) 1784 - 1862 unbek. Ort) in Rom gemalt, blieb das 98,8 x 74,0 cm große Leinwandgemälde seitdem verschollen. Davis war nachweislich zwischen 1823 und 1826 in Rom tätig. 1823 begann er dort im Auftrag der Talbot-Familie das Gemälde "The Talbot Family receiving the Benediction of Pope Pius VII", das ihm den Beinamen "Pope" Davis eintragen sollte. In dieses figurenreiche Monumentalformat sind u.a. die Künstlerporträts Antonio Canovas, der deutschen Zeichner und Maler Franz und Johannes Riepenhausen sowie des Bildhauers John Gibson integriert.
Davis war angeblich auch mit dem hier dargestellten Bildhauer Bertel Thorvaldsen befreundet. Letzterer wurde 1823 durch Kardinal Ercole Consalvi mit dem Grabdenkmal für Papst Pius VII. beauftragt, dessen Bildnis Davis auf der Jahresausstellung 1824 der Royal Academy zeigte. Unter Davis' in dieser Zeit in Rom gemalte Bildnisse zählen das seitdem nirgends nachgewiesene, allegorisierende Porträt "Canova crowned by the Genius of Grecian Sculpture" sowie das vorliegende Bildnis Bertel Thorvaldsens. Die simultane Präsentation beider Bildnisse im selben Raum in der Royal Academy zu London 1826 legt nahe, daß sie – womöglich auch im selben Format – als Gegenstücke konzipiert waren: Mithin begegneten sich hier die beiden erklärten Antipoden zeitgenössischer Bildhauerkunst "auf Augenhöhe".
Eine solche Gegenüberstellung hatte bereits Rudolph Suhrlandt mit den in Format und Komposition untereinander identischen Bildnissen Thorvaldsens (1810) und Canovas (vermutlich zwischen 1810 und 1812) geschaffen, beide längst im Thorvaldsens Museum bewahrt. Womöglich entstand Davis' Bildnis von Canova, der ja auch im Gemälde "The Talbot Family receiving the Benediction of Pope Pius VII" figuriert, schon in dessen Kontext und mithin vor 1825; das (später begonnene?) und gegenüber den vielen anderen physiognomisch ungewöhnliche Thorvaldsen-Bildnis stellte dann gewissermaßen ein "Supplement" zu jenem dar.
Die seinerzeitige Bevorzugung Antonio Canovas gegenüber den „strengeren“ Bildwerken Bertel Thorvaldsens bei britischen Sammlern ihrer Zeit spiegelt auch der Umstand wider, daß es sich beim vorliegenden Gemälde um das das einzige Thorvaldsen-Porträt von der Hand eines britischen Künstlers handelt. Nun fand es in der neukonzipierten Dauerausstellung des Thorvaldsens Museum seinen künftigen Ort.
Bernd Ernsting