Neuerwerbungen

Mutmaßliches Porträt Elena Butis von Ridolfo Schadow

20.02.2018 09:00

Ridolfo Schadow „Elena Buti“ 1816, Marmor

 

 

Ridolfo Schadow (1786-1822)

Elena Buti

1816

Marmor

52,5 x 38,4 x 25,9 cm

Inv.-Nr. 2015.259

 

 

Mit diesem mutmaßlichen Porträt Elena Butis gelang es LETTER Stiftung, eine bislang der Forschung unbekannte Büste Ridolfo Schadows aus dessen römischer Schaffenszeit für die Öffentlichkeit zu sichern. Die deutliche, für Ridolfo Schadow ungewöhnliche Signatur mit seinem deutschen, nicht italisierten Vornamen, die der Künstler nur während einer kurzen Schaffensperiode benutzte, bestätigt die Authentizität der Orts- und Zeitangaben in Bezeichnungen auf der Büste: Rom 1816.

 

In der feinen Ausarbeitung der Gesichtszüge erinnert die Büste an Schadows Sitzfiguren „Spinnerin“ (Eckardt 2000, WVZ-Nr. 37), „Sandalenbinderin“ (Eckardt 2000, WVZ-Nr. 32) oder „Mädchen mit Tauben" (Eckardt 2000, WVZ-Nr. 43). Im Zusammenhang der letzteren scheint auch die Büste entstanden zu sein, da nicht nur die Gesichtszüge des Modells, sondern auch der Blumenkranz im Haar übereinstimmen. Zudem zeigt eine Handzeichnung der Sitzfigur einen Schulterüberwurf, der zwar an der endgültigen Marmorfassung der Figur wieder aufgegeben wurde, an der Büste jedoch ausgeführt ist.

 

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Ridolfo Schadow
Sitzende Frau mit Vogelnest, die eine Taube emporhält
um 1819
Feder
23,3 x 18,4 cm (Blatt)
Bremen, Bremer Kunsthalle, Inv.-Nr. 56/497, Fol. 7r
Ridolfo Schadow
Mädchen mit Tauben
1819-1820
Marmor
136,0 x 56,0 x 66,0 cm
Berlin, SMB-PK, Nationalgalerie, Inv.-Nr. B II 73




Erste Hinweise auf die Sitzfigur „Mädchen mit Tauben“ sind bereits vom November 1818 überliefert und damit in zeitlichen Zusammenhang mit der 1816 datierten Büste der jungen Frau zu bringen. Als Porträtierte kommen mehrere junge Frauen in Betracht. So fertigte Schadow bereits 1816 eine Büste von Vittoria Buti (WVZ-Nr. 38) an, der zweiten Tochter seiner Hausherrin in Rom. Trotz des gleichen Entstehungsjahres weist die Büste zur hier untersuchten jedoch deutliche Unterschiede auf, weshalb sie wohl nicht als Pendants geplant waren. Als weitere Modelle Schadows, so für die bekannten Sitzfiguren, werden in der Forschung Elena Buti und Vittoria Caldoni diskutiert. Vittoria Caldoni war jedoch 1816, als die Büste entstand, erst elf Jahre alt und damit deutlich jünger als das dargestellte Mädchen. Eine 1821 entstandene Büste Schadows zeigt sie im Alter von etwa 16 Jahren mit deutlich anderer Physiognomie (WVZ-Nr. 55). Somit scheidet Vittoria Caldoni ebenso als Modell für vorliegende Büste aus wie Vittoria Buti.

 

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Adolf Senff
Bildnis Elena Buti
1818
Öl auf Leinwand
63,0 x 49,0 cm
Privatbesitz

Elena Buti dagegen, älteste Tochter von Schadows Hausherrin und zum fraglichen Zeitpunkt seine Verlobte, wurde bereits als mögliches Modell für seine Sitzfigur „Mädchen mit Tauben“ identifiziert. Ein heute in Privatbesitz befindliches Porträtgemälde von Adolf Senff, zeitgleich zu vorliegender Büste entstanden, zeigt sie als junge Frau mit Haarkranz und seitlichen Locken vor einer schweren roten Draperie. Habituelle und physiognomische Gemeinsamkeiten sind offensichtlich, so daß der Schluß naheliegt, die Büste als Studie Schadows von seiner damaligen Verlobten Elena Buti zu sehen, die er später zu einem seiner Hauptwerke, dem „Mädchen mit Tauben“, weiterentwickelte.

 

Antonia Mentel

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