28.10.2015 09:00
Unbekannt
Kaiser Leopold I.
wohl Danzig, um 1700
unbezeichnet
Inv.-Nr. 2015.17
Das Porträtrelief von Leopold I. (1640-1705), seit 1658 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, wurde aus einem einzigen Stück Bernstein gefertigt. Der Werkstoff, im figurativ-plastischen Bereich ein eher selten verwendetes Material, ist von ungleichmäßiger, zur Mitte hin zunehmender Dicke, mit konvexer Vorder- und konkaver Rückseite. Dadurch ergibt sich an den tiefsten Stellen im Mittelbereich eine dunkle, fast orange Färbung, die sich nach den dünneren Rändern hin zu einem durchscheinenden Gelb entwickelt. Ein ehemaliger Verwendungskontext ist durch das Objekt selbst nicht zweifelsfrei zu erschließen; das Hochrelief ohne anschließenden Reliefgrund wird vom Kontur der Darstellung begrenzt und weist weder umlaufend noch rückseitig Spuren einer ehemaligen Befestigung oder Fassung auf.
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Eine vergleichbare Darstellung Leopolds I., hier allerdings vollfigurig, findet sich in Christoph Mauchers um 1700 geschaffener vollrunden plastischen Assemblage „Apotheose Kaiser Leopold I.“ (Wien, Kunsthistorisches Museum, Kunstkammer, Inv.-Nr. 4560). Maucher, der große Bekanntheit als Bernsteinschnitzer erlangte, wird von der Forschung u.a. in Zusammenhang mit der Herstellung eines „Bernsteinstuhls“ gebracht, welcher als diplomatisches Geschenk des „Großen Kurfürsten“ Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1688, Kurfürst seit 1640) nach Wien gelangte. Die Entstehung des Reliefs in einem Werkstattzusammenhang Mauchers wäre daher denkbar.
Christoph Maucher Apotheose Kaiser Leopold I. 1700 Elfenbein, Ebenholz, 68,0 x 47,0 x 41,5 cm Wien, Kunsthistorisches Museum, Kunstkammer, Inv.-Nr. KK 4560 |
Ein figural gerahmtes Büstenbildnis in Bernstein existierte dagegen von Kurfürst Friedrich III., dem späteren König Friedrich I. von Preußen (1657-1713, Kurfürst seit 1688, König von Preußen seit 1701). Das im Vergleich mit dem Leopold-Relief etwa doppelt so große „Reliefbildnis Friedrich III.“, datiert um 1690 (Gesamtmaße ca. 18,5 x 13,5 cm, ehem. Berlin, Kunstgewerbemuseum, Kriegsverlust), zeigt eine zeitgenössische Verwendungsvariante, aus der das Relief später herausgelöst worden sein könnte. Auch als Applikation eines Schreibkastens oder repräsentativen Tischaufsatzes ist das Kleinrelief vorstellbar. Die gering bemessenen Dimensionen machen letztendlich auch eine Verwendung als gefasster Anhänger möglich, vergleichbare Beispiele sind aus dem frühen 18. Jahrhundert überliefert.
Unbekannt (Norddeutsch) Friedrich III. um 1690 Bernstein, H. 18,5 cm, B. 16,5 cm ehem. Berlin, Schloßmuseum, später Berlin, Kunstgewerbemuseum |
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Präzisierende Hinweise zur Zuschreibung, zur Ikonographie und zum Material sind jederzeit willkommen!
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