08.05.2017 09:00
Katzenkorb & Löwengrube
Natur und Kunst von Cranach bis Klimt
Schon die alten Ägypter verehrten Gottheiten in Katzengestalt, unsere Vorfahren stellten Tempel, Heim und Schätze unter den Schutz des Löwen. Bis heute halten wir uns die Katze als geselliges Haustier im Heim. Katzentiere genießen aber auch einen zwiespältigen Ruf: Der Mensch bewundert ihre elegante Erscheinung und geschmeidige Bewegung, zugleich fürchtet er ihre Stärke und Jagdlust. Eigene Charakterzüge und ethische Vorstellungen sieht er in ihrem Wesen gespiegelt. So identifizieren wir uns manchmal mit Kraft und Tapferkeit des Löwen, dann wieder mit dem sanften Gemüt der Kleinkatze.
Gerade um den Löwen ranken sich nicht erst seit den Fabeln des Aesop Mythen und Legenden: Wo immer — wie zu Orpheus unter den wilden Tieren — thematisch möglich, werden hierzu in der Ausstellung räumliche Ensembles inszeniert. Weitere antike Mythen erzählen von Herakles’ Kampf mit dem Nemëischen Löwen, von Dionysos und den Seinen, darunter Ariadne auf dem Panther. Die alttestamentarische Überlieferung beginnt mit dem friedfertigen Zusammenleben aller Tiere im Paradies und der Rettung auserwählter in der Arche Noah; derweil Simson den Löwen bezwingt, überlebt Daniel in der Löwengrube. Dem Evangelisten Markus ist der Löwe attributiv zugeordnet, unter seinem Schutz prosperiert die Republik Venedig. |
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Der Eremit und Kirchenvater Hieronymus zieht einem Löwen den Dorn aus dessen Pfote und gewinnt so einen treuen Gesellschafter in der Einöde. |
Wachsamkeit und Stärke, Edelmut und Würde des Löwen, des Königs und in Goethes Reineke Fuchs gerechten Richters der Tiere, werden allegorisch oder emblematisch auf Herrscher und Tugendhelden übertragen; mancher unter jenen geriert sich als neuer Herakles und streift sich dessen Löwenfell über. Der Löwe ist Sinnbild des Weltteils Afrika, von Ländern (Flandern und Bayern) und Nationen (Großbritannien). Schon im alten Ägypten nahmen Götter, sei es die sanftmütige Bastet oder die todbringende Sachmet, Löwen- bzw. Katzengestalt an. In Hans Canons Deckenfresko im Stiegenhaus des Naturhistorischen Museums Wien figuriert die Sphinx mit Löwinnenleib als Hüterin des Wissens. Der Physiologus sieht im Wesen Christi die drei Naturen des Löwen parallelisiert.
Der Katze, zutraulicher Gefährtin des Menschen, werden unterschiedlichste Charaktereigenschaften zugeschrieben: Neugierde und Verspieltheit, Naschhaftigkeit wie Anhänglichkeit; ihr musikalisches Talent hingegen wird zumal nächtens kaum geschätzt. Sie kann das Mausen sprichwörtlich nicht lassen und verbringt ihre neun Leben in Dauerfeindschaft mit dem Hunde. Als Sinnbild weiblicher libido ist sie erotisch konnotiert, ihr okkultes Nachtverhalten macht sie zum Spukwesen, zur Begleiterin der Hexe. Dies alles hindert nicht, daß sie uns nebst dem Hunde zum liebsten Haustier wurde.
In der Ausstellung begegnen zoologische Präparate von Groß- und Kleinkatzen Gemälden, Bildwerken und Graphiken von der Frühgeschichte bis zum 20. Jahrhundert. Seit jeher studieren bildende Künstler unter allen Tierarten besonders die Katzentiere in freier Natur, im Tierpark und daheim in häuslicher Gesellschaft. Ob in beschaulicher Ruhe oder rasanter Aktion — bis heute faszinieren Gestalt und Bewegung der Katzen. Streiten die Tiere untereinander, gehen sie auf Beutezug, so begegnet ihnen gelegentlich auch der Mensch als Kontrahent: Als Jäger auf Tierhatz oder als Gladiator in der Arena misst er sich mit ihnen oder wird ihnen dort zum Fraße vorgeworfen. Themen für Märchen, Mythen und Legenden. |
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Die Ausstellung ist eine Kooperation des NHM Wien mit LETTER Stiftung, Köln, verantwortet durch den Gastkurator Dr. Bernd Ernsting. Zudem stellt LETTER Stiftung zahlreiche Leihgaben zur Verfügung.
Anstelle eines Kataloges erscheint ein Leseheft, ausschließlich zum leihweisen Gebrauch durch die Besucher innerhalb der Ausstellung.
Die Informationen des Naturhistorischen Museums Wien zur Ausstellung finden Sie hier.