Neuerwerbungen

Lithophanie nach "Heimkehr vom Feld"

01.04.2022 09:00

Porzellanlithophanie nach einem Gemälde von Friedrich Eduard Meyerheim

Unbekannt (Deutschland, Mitte 19. Jh.)

(Ausführung)

Friedrich Eduard Meyerheim (1808 – 1879)

(Maler der Vorlage)

Friedrich Wilhelm Ludwig Beyerhaus (1792 – 1872)

(wohl Modelleur des Eisengußrahmens)

Heimkehr vom Feld

Lithophanie nach 1849
Eisengußrahmen- und -ständer wohl um 1830
15,0 x 11,9 x 0,3 cm (Lithophanie)
29,0 x 14,2 x 10,9 cm (Lithophanie inkl. Rahmen und Ständer)
Inv.-Nr. 2021.120

 

 

Erst durch Hinterleuchtung zeichnet sich auf der leicht transparenten Porzellanplatte der Kontur einer arbeitenden Frau ab, eine Darstellung, die auf das Gemälde Heimkehr vom Feld von Friedrich Eduard Meyerheim aus dem Jahr 1849 zurückgeht.

 

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Lithophanie   Litophanie, hinterleuchtet
     

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Friedrich Eduard Meyerheim
Heimkehr vom Feld
1849
Öl auf Leinwand
35,5 x 30,0 cm
Privatsammlung
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Die Reliefdarstellung auf einer durchscheinenden Porzellanplatte wird auch Lithophanie genannt, vom altgriechischen lithos = Stein und phainein = leuchten, (er)scheinen, sichtbar machen. Häufig wird sie in einem kunstvoll verzierten Rahmen aus geschwärztem Eisenguß präsentiert, der die Abbildung eines meist romantischen Gemäldes besonders gut ergänzt.

 

Zur Herstellung einer Porzellanlithophanie wird auf eine Glasplatte mit hohen Rändern eine etwa fünf Zentimeter dicke Schicht aus Hartwachsmasse aufgetragen, in die das Bild eingraviert wird. Mithilfe einer unterliegenden Lichtquelle wird die Bildwirkung von Licht und Schatten durch dickere und dünnere Wachsschichten erzielt. Das so entstandene Wachsmodel wird mit Gips gefüllt, um wiederum eine Form für die Lithophanie zu erhalten. Diese Model wird mit einer speziellen Porzellanmasse ausgegossen, nach dem Trocknen herausgelöst und bei einem sogenannten Vorglühbrand bei etwa 900 °C gebrannt. Nach einem Glasurbad erfolgt der Glattbrand bei einer Temperatur von bis zu 1300 °C. Einzelne Lithophanien, wie auch die vorliegende, sind aus sogenanntem Biskuit-Porzellan, einem zweimal gebrannten, dann unglasiert belassenen Porzellan ausgeführt. Die Glasur hat allerdings keine Einwirkung auf den charakteristischen Durchschein-Effekt der Platten.

 

Die Lithophanien aus Porzellan, manchmal auch aus Glas und später aus Kunststoff, waren besonders Mitte des 19. Jahrhunderts beliebt. In Deutschland wurden sie in großen Stückzahlen in Meißen, Thüringen, Böhmen und Berlin hergestellt; dabei errangen vor allem die Platten der Königlichen Porzellan Manufaktur Berlin (KPM) hinsichtlich Qualität und Menge eine Spitzenposition. Hier entstand auch die vorliegende Lithophanie Heimkehr vom Feld, wie der KPM-Stempel auf der Rückseite des Werkes verdeutlicht.

 

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Lithophanie, Detail

 

Der wohl im Sondergußverfahren gefertigte Eisengußrahmen sowie -ständer mit appliziertem Kerzenhalter ist besonders kunstvoll verziert. Ihn schmückt oben mittig ein Putto, umgeben von Arabesken, Voluten und einem Akanthusblattfries (Abb. 4). Rahmen und Ständer sind jeweils separat gegossen und verbunden durch eine Schraube, um die Lithophanie nach belieben ausrichten zu können. Das Eisenkunstguß-Museum Hirzenhain besitzt ein identisches Modell und datiert diesen auf 1830, hergestellt in Berlin bzw. in Gleiwitz. An beiden Orten sowie in Sayn hatten die „Königlich Preußischen Eisen-Gießereien“ ihren Sitz, deren Blütezeit in die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts fiel. Vor allem Berlin und Gleiwitz standen in wechselseitiger Beziehung, aber auch im Wettbewerb zueinander und tauschten sich fortlaufend über Modelle und Methoden zur Gußverfeinerung aus. Die Gleiwitzer waren die besseren Medaillenformer, Berlin hingegen war ihnen überlegen im Guß von Kleinplastik und Schmuck.

 

Ab 1802 arbeitete der Bildhauer Christoph Mendel (1777 – 1845) als Modelleur für Gleiwitz; im Jahr 1817 kam Friedrich Wilhelm Ludwig Beyerhaus (1792 – 1872) unterstützend hinzu, der zuvor am Berliner Standort tätig gewesen war. Seine Anstellung war mit der Verpflichtung verknüpft, sich in Berlin über die neuesten technischen Fortschritte zu erkundigen und die Erweiterung des Gleiwitzer Modellvorrates im Einklang mit der Berliner Gießerei durchzuführen. Auf Mendel und Beyerhaus gehen die meisten, wenn nicht sogar alle Modelle in Gleiwitz zurück. Während Mendel für die Anfertigung der größeren Modelle, insbesondere für Bauteile und für Ofenverzierungen zuständig war, lagen in Beyerhaus‘ Hand die Beschaffung von kleineren Kunstgußmodellen und die Ausführung von Gravurarbeiten. Die kleineren Eisengußobjekte entstanden vor allem zwischen 1815 und 1830, darunter Schreibtischschmuck wie Tintenfässer, Briefbeschwerer, Uhrständer, Ringhalter und die Lichtschirmständer mit eingesetzten Porzellanlithophanien.

 

Offenbar gab es eine Formatabstimmung zwischen den Herstellern von Lithophanien und Rahmen, um in letzteren wahlweise auch andere Motivplatten einsetzen zu können: so wurde Meyerheims Komposition für die Lithophanie in der Höhe gestreckt und so dem Rahmen kompatibel.

 

Da ein wesentlicher Teil der Modelle aus Berlin nach Gleiwitz geholt wurde, Beyerhaus selbst wohl einen nicht geringen Anteil bei ihrer Herstellung hatte und manches in Gleiwitz entstandene Modell auch in Berlin und in Sayn Verwendung fand, läßt sich die Herkunft der einzelnen Modelle nicht mit Sicherheit klären – das gilt auch für den kunstvollen Eisengußrahmen der Lithophanie Heimkehr vom Feld.

 

Sarah Münzel

 

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