01.03.2013 09:00
Umkreis Louis Léopold Boilly (1761-1845)
Trompe l'oeil eines an der Wand hängenden Kruzifixes aus Holz und Elfenbein
um 1800/1850
Öl auf Leinwand
72,8 x 59,0 cm
Inv.-Nr. 2012.204
Der Künstler des vorliegenden Bildes orientierte sich möglicherweise an Boilly's Gemälde "Trompe l'oeil eines an der Wand hängenden Kruzifixes aus Holz und Elfenbein", dem einzigen bekannten Trompe l'oeil mit der Darstellung eines geschnitzten Bildwerkes im Oeuvre des Künstlers.
Im Gegensatz zu Boillys Gemälde, welches das Kruzifix vor hellem Hintergrund zeigt, hat der unbekannte Künstler diesen vor einen nachtschwarzen Fond gesetzt, der möglicherweise eine Schiefertafel evoziert. Auffallend ist darüber hinaus der gemalte Rahmen mit seinem aufwendigen Schnitzwerk, welcher in seiner Plastizität und der raffinierten Lichtführung Boillys Trompe l'Oeil-Effekten kaum nachsteht. Da ein solcher „innerbildlicher“ Rahmen bei Boilly fehlt, liegt - nimmt man eine Kenntnis seines Bildes durch den unbekannten Künstler an - nicht nur eine Paraphrase auf jenes vor, sondern möglicherweise sogar eine Art von Paragone, doppelt der gemalte Rahmen doch den augentäuscherischen Effekt des gemalten Kruzifixes. Daß die gemalten Rocaille-Eckornamente des Rahmens jenen des geschnitzten Rahmens vergleichbar sind, in dem Boillys Gemälde sich heute präsentiert, mag Zufall sein, könnte aber auch - so das Gemälde bereits zum Zeitpunkt seiner Rezeption durch den unbekannten Künstler in dieser Form gerahmt war - ein weiteres Indiz für das "Spiel" mit der Vorlage darstellen. In jedem Fall wäre die vorliegende Arbeit dann eine künstlerisch eigenständige Weiterentwicklung des Boillyschen Motivs eines gemalten Bildwerkes - denn daß es sich bei dem Kruzifix um ein solches (wohl aus Bein oder Elfenbein mit partieller Farbgebung) handelt und nicht um einen gemalten Gekreuzigten, ergibt sich aus der Materialpräsenz und der Lichtbehandlung des Korpus.
Louis Léopold Boilly Trompe l'oeil eines an der Wand hängenden Kruzifixes aus Holz und Elfenbein 1812 Öl/Leinwand 62,0 x 46,0 cm Standort unbekannt (ehmals Oxford, Magdalen College) |
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Yvonne Larsson